Montag, 16. August 2010
ungute gefühle - 3
Die Tage vergehen in Alltäglichem und beherbergen das Unausgesprochene in schwebendem Zustand wie eine Monstranz - von ihr in Heiligkeit gehalten, von mir mit kritischem Zweifel überzogen. Sie kämpft sich durch unsere Gewohnheiten und versucht, ihre Selbstbehauptung zurück zu gewinnen. Ihr Trotz entlädt sich in demonstrativen Weigerungen, Kaffee zu kaufen und meine Wäsche zu bügeln. Ich bin geschändet. Den feinen Spott verkneife ich mir. Elegant schleife ich Konversation und wandle über jeden Verdacht erhaben. Nichts berührt mich, nicht das Schwelen, nicht ihr Trotz. Ich verkleinere ihren Raum, grenze sie ein und weise ihr Genügsamkeit als Tugend zu. Sie spürt die hauchdünne Grenze zwischen wollen und ablehnen messerscharf.
Die Wochen vergeben Erinnerung an das inzwischen merkwürdig anmutende Gespräch. Ihrer wach kämpfenden Nervosität schwindet der Gefühlsgrund und wandelt sich zur oberflächlichen Neurose. Beinahe vergessen keimt ein neues Drücken und Drängen in der Luft. Ich beschließe, ihr aus dem Weg zu gehen. Ich kann warten und betäube das unangenehme Gefühl von Anstehendem. Ignoranz ist mein bester Verbündeter. Meine Abende werden länger, meine Wochenenden kürzer. Es gibt viel an Unaufschiebbarem. Keine Ruhe-Zeiten, keine Momente der Annäherung begünstigen, das sind meine Strategien, das Warten zu dehnen. Ich spüre, wie sie wieder aus ihrer Ecke ausbrechen will, sich Platz erkämpfen und aufbäumen will gegen den wortlosen Zustand, gegen das Vergessen und für ihren letzten Rest wieder gefundener Selbstachtung. Nun gut. So soll sie sich noch einmal im sinnlosen Toben erschöpfen, soll sie auf dem Zahnfleisch ihrer Vorstellungen kriechen. Ich will meine Ruhe. Und so verfolge ich mein Ziel, ihre Höhe zu reizen und den unabdingbaren Fall zu vertiefen. Ich verreise für zehn Tage. Angelurlaub mit einem Freund. Ich kann warten.

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